© Paul Häuser

Epic Israel

Nach der gemeinsamen MTB Marathon WM Teilnahme in Grächen in der Schweiz stürzte ich mich mit meinem Teampartner Niklas Ranker in die nächste Herausforderung: das Etappenrennen „Epic Israel“. Richtig Zeit zur Erholung blieb nicht; nach dem WM-Rennen am Sonntag mussten wir direkt nach Basel durchstarten; nach sehr kurzer Nacht auf dem Flughafenparkplatz ging`s zum check in nach Tel Aviv. Es war der einzige Schalter, an dem Sicherheitspersonal mit schweren Waffen stand; mit gemischten Gefühlen traten wir die Reise an. Während unseres gesamten Aufenthalts war Militär präsent, wir fühlten uns aber nie unsicher. Von Tel Aviv aus erreichten wir nach problemloser Zug- und kurzer Taxifahrt unser Race Village nahe Akko direkt am Mittelmeer. Montag und Dienstag galten komplett der Erholung. Außer einer kurzen Inspektion der Prologstrecke und einem Fußmarsch zum nahegelegenen Einkaufszentrum hielten wir uns die meiste Zeit angesichts 35° im gut klimatisierten Zimmer auf. Montags war das Hotel noch mit normalen Urlaubern belegt, ab Dienstag änderte sich dies drastisch. Man begegnete ausschließlich Radfahrern auf dem Flur, auf dem Parkplatz vor dem Hotel wurde ein riesiger Bike-Parkplatz aufgebaut, der für die kommenden Tage rund um die Uhr bewacht wurde. Zwischen Parkplatz und Race Village standen 20 Zelte für die ganz harten Rennfahrer. Das Race Village bestand aus mehreren Mechanikerzelten, einer Kaffeebar, einem Buffet, einer drei Meter hohen Leinwand zur Liveübertragung der Etappen und vielen Sitzmöglichkeiten.

Am Mittwoch startete um 14:40 der Prolog für Niclas und mich. Es galt, 22 km mit knappen 100 Höhenmetern zu bewältigen. Angesichts der 38° war dies natürlich kein optimales Streckenprofil für mich… Unerwartet fühlte ich mich jedoch auf den ersten 3 Kilometern sehr stark und übernahm optimistisch die Führung. Es war aber nur ein Strohfeuer und Niclas musste übernehmen. Er konnte ein gutes Tempo bis ins Ziel halten. Mit knappen 60 kg Fahrergewicht konnte ich Niclas mit seinen 76 kg und 1,85 m weder sonderlich guten Windschatten bieten, noch genug Watt in den Sand brennen. Nach 41:38 min war der Prolog endlich beendet. Glücklicherweise sollten alle kommenden Etappen deutlich früher starten und daher nicht ganz so heiß werden; aber trotzdem war hier schon zu spüren, was noch kommen sollte.

Am Abend nach dem Prolog ging es meinem Partner nach dem Abendessen leider sehr schlecht. Mehrere Toilettengänge später war, viel zu spät vor der ersten richtigen und gleichzeitig Königsetappe, Schlafenszeit. Um 4:30 klingelte der Wecker, um 7:00 fiel für mich und Niclas, mit einer Ration Imodium intus, der Startschuss. Die Startphase verlief noch ganz gut, wir beide wurden vom Helikopter über uns und den Filmfahrzeugen um uns herum gepusht und die kurze Nacht war vergessen. Sobald es in den ersten Trail und damit auch dem ersten steinigen Anstieg ging, holte Niclas die letzte Nacht wieder ein. Wir mussten viele Fahrer ziehen lassen und konnten nur schwer ein gemeinsames Tempo finden. Oftmals musste ich an Anstiegen sogar stehen bleiben und warten. An gegenseitiges Schieben oder Ziehen war auf dem Gelände nicht zu denken, man konnte nur hintereinanderfahren oder es gab nur eine sichere Linie zwischen den vielen Steinen. Ab der Hälfte der Etappe lief es wieder etwas besser. Niclas hatte viel getrunken und wir holten viele Fahrer, die durch Defekte zurückgeworfen worden waren, wieder ein. Zwischendurch riss Niclas Startnummer samt Transponder ab und wir tauchten nicht mehr im Livetiming auf. Zuhause war die Sorge über unseren Verbleib scheinbar sehr groß, wie wir direkt nach der Etappe zu hören bekamen. Nach 5l Wasser begann Niclas` Motor wieder beinahe regulär zu laufen, so dass er über die letzten 20 flachen Kilometer noch viel Führungsarbeit übernehmen konnte. Unsere Platzierung nach diesem Tag war trotz der Vorkommnisse mit einem 20. Platz sehr zufriedenstellend. Allerdings hatten wir auf dieser Etappe am meisten Zeit nach vorne verloren.

Ab dieser Etappe entschieden wir uns, sehr vorsichtig beim Hotelessen zu sein. Für die kommenden Tage gab es zum Frühstück Haferflocken mit Sojamilch auf dem Zimmer und mittags bzw. abends jeweils eine große Portion Reis mit ausschließlich gekochten Beilagen. Damit fuhren wir zwar sehr einseitig, aber auch gleichzeitig sicher. Nach genügend Schlaf und einem pünktlichen Frühstück um 4:00 ging es um 7:00 wieder an die Startlinie. Es ging wieder über 20 Kilometer komplett flach bis in die nächsten Berge. Das Fahrerfeld sollte durch ein paar Schleifen durch ein Avocadofeld, welches komplett mit Stroh ausgelegt war, gestreckt werden. Bereits hier gab es auf Grund des Strohs in Schaltwerken die ersten Ausfälle. Leider verpassten wir wieder den Anschluss an die vorderste Spitzengruppe. Zusammen mit ein paar Teams aus Deutschland, Israel und Frankreich machten wir uns an die Nachführarbeit. Leider lernt man scheinbar nur in Deutschland, wie man sich richtig abwechselt, so dass ein Anschluss an die vordere Gruppe nicht mehr möglich war. Am ersten Anstieg übernahm ich das Tempo. Zusammen mit den Jungs vom World of MTB Team aus Freiburg waren wir dann nur noch zu viert unterwegs. Es ging wieder über sehr steinige Wege durch verschiedenste Nationalparks. Zwischendurch setzten sich unsere Gefährten ab und wir fuhren unser Tempo. Nach 2/3 der Strecke holten wir sie wieder ein und an einem weiteren Anstieg ließen wir sie auch direkt wieder stehen. Leider kam dann ein ernsterer Schwächemoment für mich: An einem der letzten Anstiege der Etappe, der komplett ohne Schatten in der Sonne lag und kaum fahrbar war, konnte ich nicht mein gewohntes Tempo fahren und musste mich sehr quälen. Kurz darauf wurden wir wieder von den WoMtB Jungs eingeholt und fuhren dann mit ihnen zusammen. Ich konnte mich zum Glück wieder etwas erholen und wir machten uns gemeinsam über die letzten Trail Kilometer für diese Etappe auf den Rückweg Richtung Ziel. Von hinten fuhr der Belgische XCO Meister Jens Schuermanns gemeinsam mit seinem Partner auf. Wir versuchten, das Team bis ans Ende der Trails hinter uns zu behalten, so dass wir ein sicheres Hinterrad für den Weg ins Ziel hatten. Das WoMTB Team verlor auf Grund eines Sturzes den Anschluss, wir konnten bis zu den letzten 15 flachen Kilometern dranbleiben. Ich litt im Windschatten, Niclas wechselte sich vorne gelegentlich mit den beiden Fahrern ab. Bis 2km vor dem Ziel konnte ich dranbleiben, dann war es komplett vorbei. Wir fuhren mit 20sec Rückstand auf den Belgier und seinen Partner als 19. übers Ziel.

Die letzte Etappe startete erst um 8:00, der Wecker klingelte also erst um 5:00. Der Puls ließ sich beim Warmfahren nur schwer in höhere Sphären bequemen und auch die übrigen Körperteile fühlten sich schon sehr schwer an. Wie immer ging es erstmal 20 Kilometer komplett flach entlang der Küste zwischen Bananenplantagen und Olivenbäumen in Richtung der Berge. Beinahe hätten wir den Anschluss an der vordersten Spitzengruppe halten können, doch wenige Kilometer, bevor es in den ersten Anstieg ging, verloren wir den Anschluss. Wieder waren wir mit den Jungs von WoMTB und einigen anderen unterwegs. Die letzte Etappe war zum Glück für uns etwas flowiger, bedeutete etwa 30 Kilometer Singletrails am Stück, jedoch mit deutlich weniger Steinen und Felsen als an den Vortagen. 25 Kilometer vor dem Ziel wurden wir wieder von den WoMTB Fahrern eingeholt, die den Windschatten eines anderen Teams genutzt hatten. Ein letztes Mal spannte sich Niclas für die letzten 15 flachen Kilometer vor uns drei. Wir konnten die Etappe als 23. Beenden.

Insgesamt belegten wir über die vier Tage mit den 282 km und 4000 HM den 21. Platz. Ins Ziel kamen 222 Teams, davon 30 UCI-Teams. Wir sind mit diesem Ergebnis sehr zufrieden, da es für uns das erste Etappenrennen als Team war. Wir hatten beide keine Erfahrungen mit extremen Bedingungen, mit Temperaturen von bis zu 35°C oder mit dem Gelände, wie wir es in Israel angetroffen haben. Wie durch ein Wunder hatten wir beide keinen einzigen Defekt an den Bikes! Wir werden auf alle Fälle in 2020 wieder als Team antreten, wenn auch nicht unbedingt beim „Epic Israel“!